Der Friedensprozess kann in uns allen stattfinden

Der Friedensprozess

Wenn Beziehungen in Bitterkeit und Groll zu Ende gehen oder drohen, daran zu ersticken, dann hilft der Friedensprozess möglicherweise weiter. Wenn wir in Trauer und Wut an Menschen denken, die uns verletzt haben, dann beladen wir uns selbst und es wäre gesünder, mit dieser Erfahrung Frieden zu schließen.

Ich habe aus verschiedenen Komponenten aus der gewaltfreien Kommunikation, aus der systemischen Aufstellungsarbeit und aus buddhistischen Übungen die Technik des Friedensprozesses entwickelt. Mit ihr kann eine alte schmerzhafte Beziehungserfahrung aufgelöst und losgelassen werden, so dass innerer Frieden mit dieser Erinnerung möglich wird. Meine Erfahrung damit ist auch, dass der innere Frieden sich sofort positiv in den persönlichen Beziehungen auswirkt, so dass Konfliktsituationen verschwinden.

Zuerst verstehe ich mich selbst und nehme mich so (unvollkommen) an, wie ich bin. Dann kann es weiter gehen und ich kann mir selbst das geben, was ich brauche, um den alten Schmerz zu lindern. Dann kann ich erst die Perspektive verändern und größere Zusammenhänge sehen, bis ich das Gesamtbild verstehe, auch wenn ich es nicht gut zu finden brauche. Es wird im Friedensprozess auch nichts schön geredet. Die Tatsachen dürfen und sollen gewürdigt werden, das eigene Erleben soll gewürdigt werden, genauso wie die Folgen für das eigene Leben. Aber der weitere Blick und die Bereitschaft, sich dafür zu öffnen, hilft, Einsicht in das große Ganze zu bekommen. Diese Einsicht sagt: „Es ist wie es ist.“ und dann ist zu klären, woran ich festhalte, was ich nicht wahrhaben wollte, was ich nicht akzeptieren will usw. Wenn ich mich davon lösen kann und sagen kann, „na gut, dann verzichte ich ab sofort darauf“, dann löst es sich auf. Die Emotion verschwindet und eine tiefere Erkenntnis stellt sich ein. Das löst den alten Schmerz endgültig auf und jetzt kann Vergebung ganz leicht geschehen, wenn gewollt.

Der Friedensprozess hat nichts mit Moral oder religiösen Idealvorstellungen zu tun. Es ist ein individueller Weg für jede/n anders. Es geht aber immer um Loslassen. Das können Idealvorstellungen sein, Gerechtigkeitsbedürfnisse, Rachebedürfnisse, falsche Annahmen über das Leben, Größenfantasien, Stolz, psychischer Schmerz und Vieles mehr. Wenn alles Stationen des Prozesses offen und bereitwillig durchlaufen werden, geht am Ende das Loslassen ganz leicht. Das Festhalten macht keinen Sinn mehr, ich richte mich auf ein höheres Ziel aus, nämlich auf meine Entwicklung in mein volles Potenzial.

Autorin: Dipl.-Psych. Lydia Deckrer